Politische Identität

Zur Beantwortung der Frage „Sind die Studienteilnehmer:innen politisch im wiedervereinigten Deutschland angekommen?“, wurden drei Aussagen herangezogen, die übereinstimmend in vielen Wellen der Sächsischen Längsschnittstudie gestellt wurden:

1) Wie stehen Sie zur Vereinigung von DDR und BRD? Ich bin …
(1: sehr dafür, 2: eher dafür als dagegen, 3: eher dagegen als dafür, 4: sehr dagegen)

2) Als was fühlen Sie sich? als Bürger(in) der Bundesrepublik Deutschland
(1: ja, vollkommen, 2: ja, etwas schon, 3: nein, eigentlich nicht, 4: nein, absolut nicht)

3) Wie zufrieden sind Sie mit dem politischen System in der Bundesrepublik Deutschland?
(1: sehr zufrieden, 2: zufrieden, 3: weniger zufrieden, 4: unzufrieden).

Die Antworten werden jeweils dichotomisiert, d.h. die beiden zustimmenden Antworten (1, 2) werden mit „1“, die beiden ablehnenden Antworten (3, 4) mit „2“ kodiert. Mit der Methode der Konfigurationsfrequenzanalyse werden anschließend die drei Fragen zusammengefasst, in dem jeweils die Ausprägung (1 oder 2) an die 1., 2.bzw. 3. Stelle der Konfiguration übernommen werden. Es entstehen 8 neue Konfigurationen von 111 bis 222. „111“ bedeutet, dass alle drei Items zustimmend (mit „1“) beantwortet wurden. „222“ bedeutet, dass alle drei Items ablehnend (mit „2“) beantwortet wurden. „122“ bedeutet, dass Frage 1 zustimmend und die Fragen 2 und 3 ablehnend beantwortet wurden usw..

In Welle 32 (2021) stellen sich die Verteilungen der Konfigurationen wie folgt dar:

KonfigurationHäufigkeitProzentKonfigurationHäufigkeitProzent
11112539,221130,9
11213843,3212113,4
12172,222110,3
122216,6222134,1
Tabelle 1: Verteilung der Konfigurationen „Politisch angekommen in der Bundesrepublik“ (2021) (c) (r) Sächsische Längsschnittstudie

Demnach stimmten 2021 (Welle 32) 125 Personen (39,2 %) allen Aussagen zu und sind somit politisch vollkommen im wiedervereinigten Deutschland angekommen. 13 Personen (4,1 %) sind  politisch überhaupt nicht angekommen, sie lehnen alle Aussagen ab (Konfiguration 222). Die Abbildung 1 zeigt die Ausprägung der Konfiguration „111“ (politisch vollkommen angekommen) im Zeitverlauf einiger ausgewählter Wellen seit 1992. Zwischen 17,7 % (2004) und 43,7 % (2015) der Teilnehmer:innen sehen sich als politisch vollkommen angekommen im wiedervereinigten Deutschland.

Abbildung1: Politisch vollkommen angekommen im wiedervereinigten Deutschland (%, Konfiguration 111) (c) Sächsische Längsschnittstudie

In einem weiteren Schritt wurden die Konfigurationen dichotomisiert in Zustimmung (politisch (eher) angekommen = Konfigurationen mit mehrheitlich „1“, z.B. 121)  und Ablehnung.(politisch (eher) nicht angekommen = Konfigurationen mit mehrheitlich „2“ (z. B. 122). Die Abbildung zeigt im Zeitverlauf, dass der Anteil der Personen, die politisch im wiedervereinigten Deutschland (eher) angekommen sind, von 71,6 % (1992) auf 85,6 % (2021) anwächst.

Abbildung 2: Politisch (nicht) angekommen im wiedervereinigten Deutschland (%) (c) Sächsische Längsschnittstudie

Die Suche nach Einflussfaktoren auf das Politisch-Angekommensein erwies sich als wenig erfolgreich: Weder Geschlecht, Bildung, Einkommen, Wohnort (Ost-/Westdeutschland), Partnerschaft, Kinder noch andere soziodemographische Variablen erwiesen sich als signifikant.

Im Vergleich der beiden Gruppen Politisch angekommen vs. Politisch nicht angekommen fanden sind ebenfalls nur wenige signifkante Unterschiede: Politisch Angekommene stimmen häufiger der Aussage zu, dass sie froh sind, dass es die DDR nicht mehr gibt (53 %) als die Nicht-Angekommenen (17 %.). Wähler der Linken (29 %) fühlen sich häufiger politisch nicht angekommen, verglichen mit den Wählern der SPD (0 %), CDU/CSU (0 %), Grünen (2 %), FDP (8 %) oder AfD (14 %).